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Verbesserte Wahlstrategie im zweiten Anlauf

17. Oktober 2012

von Ruth Firmenich und Ida Schillen

Am vergangenen Wochenende befasste sich der Parteivorstand DIE LINKE mit dem zweiten Entwurf zur Wahlstrategie. Eine erneute Befassung war erforderlich, da der erste Entwurf auf der Klausurtagung des Parteivorstands Anfang September aufgrund des erheblichen Überarbeitungsbedarfs vertagt worden war. Zum zweiten Entwurf lagen über 80 einzelne Änderungsanträge vor, von denen ein Großteil von uns eingebracht wurde. Als Antragstellerinnen hatten wir uns dazu entschieden, ausführliche Änderungsanträge zur Vorlage einzubringen, um den Text zu präzisieren und qualifizieren und damit unsere Zustimmung zur Wahlstrategie zu ermöglichen. Die Alternative wäre gewesen, die vom Bundesgeschäftsführer eingebrachte und mit den Parteivorsitzenden abgestimmte Vorlage abzulehnen oder für eine weitere Vertagung der Behandlung einzutreten.

Die Fülle der Anträge ergab sich aus dem Duktus der Vorlage, die durchzogen war von unklaren Formulierungen, die weitläufig deutbar waren. Es war in unseren Augen im vorgelegten Entwurf leider nicht gelungen, aus dem vor einem Jahr verabschiedeten Erfurter Grundsatzprogramm heraus eine klare und eindeutige Wahlstrategie 2013 zu entwickeln, die das Unbehagen an der herrschenden unsozialen Politik und an der Diktatur des Finanzkapitals und der Konzerne aufgreift. Im Kern sollte es unseres Erachtens in der Wahlstrategie darum gehen, DIE LINKE vor allem wieder als Protestpartei wählbar zu machen für diejenigen, die gegen Armut und Lohndrückerei und gegen die Plünderung des Sozialstaats kämpfen, die sich in die Nichtwählerschaft zurückgezogen haben, die sich wieder anderen Parteien, vor allem der SPD und den Piraten, zuwenden. Im Ergebnis der Sitzung wurde etwa die Hälfte unserer Anträge beraten, von denen die Mehrzahl entweder übernommen wurde oder aber per Abstimmung mehrheitlich bestätigt wurde. In einer Reihe von Punkten konnte eine deutliche Verbesserung des vorgelegten Textentwurfes erreicht werden, u.a. durch Einfügung und Präzisierung der Forderungen in folgenden Bereichen:

  1. Europapolitik: In der Wahlstrategie wird nun unmissverständlich festgehalten, dass wir nicht mehr oder weniger Europa, sondern ein anderes, ein besseres Europa wollen und dass die notwendige Voraussetzung hierzu ein Neustart der Europäischen Union ist. Ergänzt wurde, dass DIE LINKE den Kampf gegen die Entfesselung der Finanzmärkte, gegen Lohndrückerei, Entdemokratisierung und Privatisierung als die zentralen Schritte sieht, um ein Europa für die Menschen zu erreichen. Neu aufgenommen ist auch unsere Unterstützung der europäischen Sozialproteste.
  2. Stärkung des Sozialstaats und des öffentlichen Eigentums, deutliche Besteuerung von Reichtum: Im überarbeiteten Entwurf wird eine „deutliche Besteuerung“ von Reichtum gefordert. In mehreren Passagen der Wahlstrategie wird zudem die Rolle der LINKEN als Partei des Öffentlichen gegen Privatisierung betont und herausgestellt, dass es der LINKEN nicht nur darum geht, Angriffe gegen den Sozialstaat abzuwehren, sondern diesen weiter zu stärken.
  3. Frieden und Abrüstung: Sehr wichtig erscheint uns, dass die Position der LINKEN als Antikriegspartei in der beschlossenen Fassung der Wahlstrategie bekräftigt wurde. Es wurden wörtlich die Formulierungen aus dem Erfurter Programm übernommen und damit das klare NEIN zu Krieg und zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr unterstrichen.
  4. Kampf gegen Rassismus und Rechtspopulismus: Deutlich erweitert wurden die Passagen zum Kampf gegen Rassismus und Rechtspopulismus. Gerade angesichts der Aufdeckungen in der NSU-Mordserie und dem skandalösen Versagen der staatlichen Organe war es uns wichtig, dass in der Wahlstrategie dieses Thema als wichtiges Feld für den Wahlkampf auftaucht.
  5. Verzicht auf Koalitionsaussagen und Anbiederung an andere Parteien: Pressemeldungen im Nachgang der Parteivorstandssitzung, nach denen im Wahlkampf eine stärkere Orientierung auf rot-rot-grün erfolgen und weniger rote Haltelinien gezogen werden sollten, geben das Gegenteil von dem wieder, was der Parteivorstand im Hinblick auf die Wahlstrategie entschieden hat: Der Text fokussiert auf die inhaltlichen Positionen der LINKEN und verzichtet nun auf eine umfangreiche Auseinandersetzung mit den anderen Parteien. Die Wahlstrategie ist kein Bekenntnis zu rot-rot-grün, sondern stellt heraus, was DIE LINKE für unabdingbar im Hinblick auf eine mögliche Regierungsbeteiligung hält. Zudem steht im verabschiedeten Text ein expliziter Verweis auf die roten Haltelinien. Wir halten dies für zentral, da für einen erfolgreichen Wahlkampf der LINKEN nicht die Frage von Regierung oder Opposition entscheidend sein darf, sondern die eigene klare inhaltliche Positionierung im Mittelpunkt stehen muss.